Izumo
Lafcadio Hearn
Broschur
188 Seiten
Format 22 x 15,5 cm
ISBN 978-3-945058-30-5
12 €
Lafcadio Hearn erklärte dem Westen Japan. In seinen an der Wende zum 20. Jahrhundert erschienen Werken gelang es ihm wie keinem anderen westlichen Schriftsteller, tiefe Einblicke in die durch den Verhaltenskodex der Samurai sowie durch Buddhismus und Shintōismus geprägte japanische Kultur und Gesellschaft zu geben, die sich nach der Öffnung des Landes zum Westen in einem unaufhaltsamen Veränderungsprozess befanden.
Der Schriftsteller irisch-griechischer Abstammung war im Alter von 40 Jahren nach Engagements in den USA und auf Martinique im April 1890 als Korrespondent für das Magazin Harper's Weekly nach Japan entsandt worden. Erste Eindrücke konnte er bei seinem Aufenthalt in Yokohama gewinnen, einer Stadt, die durch ihren offenen Hafen und die Anwesenheit vieler Europäer und Amerikaner geprägt war. Doch bereits nach wenigen Monaten verlor er seine Anstellung und musste sich nach neuen Verdienstmöglichkeiten umsehen. So verschlug es ihn in die im Westen der japanischen Hauptinsel Honshū gelegenen Stadt Matsue. Deren 35.000 Einwohner waren noch viel weniger als die Menschen in dem geschäftigen Yokohama von den Ein-flüssen der Meiji-Restauration betroffen. Während seiner fünfzehnmonatigen Tätigkeit als Lehrer konnte er so Einblicke in eine im verblassen befindliche Kultur erhalten, die anderen westlichen Besuchern verborgen blieb.
Die kurze Zeit in Matsue war die glücklichste Phase, die Lafcadio Hearn in Japan erlebte. Als erfolgreicher Lehrer genoss er ein hohes Ansehen. Er bewohnte zunächst ein Haus am See mit einem herrlichen Blick auf die Berge, bevor in die Villa eines ehemaligen Samurai zog, ein prächtiges Anwesen mit vierzehn Zimmern und einem japanischen Garten, der das Haus an drei Seiten umschloss. Die Eindrücke, die er dort beim Entspannen auf der Veranda nach anstrengenden Arbeitstagen genoss, hielt er in seinem Essay In einem japanischen Garten fest.
"So ist mir die unsagbare Lieblichkeit eines einzelnen Blütenzweiges erst aufgegangen, als ich ihn so angeordnet sah, wie ihn nur ein Japaner anordnen kann. Und deshalb scheint mir das, was wir Abendländer ein 'Bouquet' nennen, nichts andres zu sein, als ein roher Blumenmord, eine Beleidigung des Farbensinns, eine Brutalität, ein Gräuel. Ebenso und aus demselben Grunde erscheinen mir - seitdem ich erfahren habe, was ein altjapanischer Garten ist - unsere prunkvollen Gärten daheim nur ein Beispiel dafür, was der Reichtum an Geschmacklosigkeit und die Natur vergewaltigende Ungeheuerlichkeit zutage fördern kann."
In der vorliegenden Sammlung von Essays wird auch wieder Hearn Vorliebe für folkloristische Erzählungen über Geister und Dämonen deutlich, die ihn in seinen späteren Büchern berühmt machen sollten. In dem Aufsatz Geister und Kobolde begegnen uns neben bekannten Gestalten wie der Berghexe Yama-uba und der Schneefrau Yuki-onna auch weniger geläufige wie der dreiäugige Mönch Mitsu-me Nyūdō und die alte Frau des Geisterflusses Sōzu-baba.